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«BuchZeichen» macht Lust aufs Lesen, ist Rettungsring im Büchermeer und bietet gute und intelligente Unterhaltung. «Buchzeichen» stellt Autoren und Büchermenschen vor, erzählt Geschichten aus und über Bücher oder gräbt Perlen aus: Vom Bestseller über die Sportlerbiographie, vom Reisebericht bis zum Klassiker hat alles Platz.

Location:

United States

Description:

«BuchZeichen» macht Lust aufs Lesen, ist Rettungsring im Büchermeer und bietet gute und intelligente Unterhaltung. «Buchzeichen» stellt Autoren und Büchermenschen vor, erzählt Geschichten aus und über Bücher oder gräbt Perlen aus: Vom Bestseller über die Sportlerbiographie, vom Reisebericht bis zum Klassiker hat alles Platz.

Language:

German


Episodes
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Aktuelle Bücherempfehlungen: Rebekka Salm, Heldentat, Finanzkrise

4/30/2024
Bücher mit ganz unterschiedlichen Geschichten liegen heute auf dem Literaturstammtisch. Darunter ist das neue Buch der Schweizerin Rebekka Salm, ein Roman, der von einer Heldentat im Zweiten Weltkrieg erzählt – und eine Familiengeschichte aus Irland. «Wie der Hase läuft» ist der zweite Roman der Schweizer Autorin Rebekka Salm. Und dieser sei überaus gelungen, lobt Katja Schönherr. «Spannend und sehr raffiniert gebaut!», lautet ihr Urteil. Im Buch geht es um die miteinander verwobenen Familiengeschichten eines Liebespaars – und darum, dass man lernen muss, mit Leerstellen in der eigenen Vergangenheit zu leben. «Comandante» der beiden Italiener Edoardo De Angelis und Sandro Veronesi erzählt eine wahre Geschichte, die im Krieg spielt - und doch von der Menschlichkeit handelt. Es geht um den U-Bootkommandant Salvatore Todaro, der sich im Zweiten Weltkrieg über Vorschriften hinwegsetzte, um Feinde vor dem sicheren Tod zu retten. Für Felix Münger ist Todaro gerade in heutiger Zeit, wo zahllose Geflüchtete im Mittelmeer keine Rettung finden, eine Leuchtfigur der Menschenpflicht. «Der Stich der Biene» ist ein Familienroman, der in einer irischen Kleinstadt angesiedelt ist. Dickie und Imela Barnes führen mit ihren Kindern ein privilegiertes Leben, bis die weltweite Finanzkrise im Jahr 2008 auch in ihre scheinbar heile Welt einbricht. Mit präzisem und gleichzeitig empathischem Blick erzählt der Autor Paul Murray eine tragisch-komische Geschichte. Britta Spichiger gefällt, wie Murray die Leserschaft mit denselben Fragen konfrontiert, die auch seine Figuren umtreiben: was hätte man in der Vergangenheit anders machen können? Und wie wäre es wohl herausgekommen? Buchhinweise: * Rebekka Salm. Wie der Hase läuft. 195 Seiten. knapp, 2024. * Edoardo De Angelis und Sandro Veronesi. Comandante. Aus dem Italienischen von Anna Leube und Wolf Heinrich Leube. 157 Seiten. Zsolnay, 2024. * Paul Murray. Der Stich der Biene. Aus dem Englischen von Wolfgang Müller. 700 Seiten. Kunstmann, 2024.

Duration:00:26:45

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Rushdie schreibt über Messerattacke!

4/23/2024
«Knife» von Salman Rushdie zeigt einen gezeichneten, aber auch kämpferischen Autor. «Zitronen» von Valerie Fritsch handelt von einem Jungen mit dem sogenannten «Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom». Und in «Paris-Trilogie» erzählt Colombe Schneck von einem Frauenleben in drei Kurzromanen. Gross war die Spannung vor der Veröffentlichung des ersten Buches des britisch-indischen Schriftstellers Salman Rushdie nach der Messerakttacke vom 12. August 2022. Und gross war auch der Medienrummel. Aber ganz abgesehen vom Hype rund um den Autor von «Die satanischen Verse» und 22 anderer Bücher ist mit «Knife – Gendanken nach einem Mordversuch» ein berührendes und lebensbejahendes Werk entstanden, das einen zwar verletzten und gezeichneten, aber auch kämpferischen Salman Rushdie zeigt. Und einen Mann, der erst jetzt die grosse Bedeutung der Liebe für sein Leben erkannt hat, wie Michael Luisier meint. «Zitronen», der zweite Roman der österreichischen Autorin Valerie Fritsch, handelt von einem Jungen mit dem sogenannten «Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom»: Seine Mutter redet ihm ein, er sei krank und schwach, damit sie einen Grund hat, ihn zu pflegen. Doch als er wieder gesund wird, hält sie ihn weiterhin an, rätselhafte Tabletten zu schlucken, die ihn schwach und Müde machen. Für Simon Leuthold ein überaus bildstarkes, eindringliches Buch über eine Familie, in der sich Zärtlichkeit und Gewalt gegenseitig bedingen. Im heutigen Kurztipp stellt Annette König den Roman «Paris Trilogie » von der französischen Schriftstellerin Colombe Schneck vor. Es geht um ein Frauenleben erzählt in drei Romanen. Die Französin verwebt dabei Persönliches mit Erfundenem ganz in der Tradition von Annie Ernaux, die auch Mutter der Autofiktion genannt wird. Buchhinweise: * Salman Rushdie. Knife. Gedanken nach einem Mordversuch. Aus dem Englischen von Bernhard Robben. 256 Seiten. Penguin, 2024. * Valerie Fritsch. Zitronen. 186 Seiten. Suhrkamp, 2024. * Colombe Schneck. Paris Trilogie. Ein Frauenleben in drei Romanen. Aus dem Französischen von Claudia Steinitz. 208 Seiten. Rowohlt, 2024.

Duration:00:27:38

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Anpassung um jeden Preis?

4/16/2024
Mareike Fallwickl spielt in «Und alle so still» das Szenario durch, dass die Frauen alle Arbeit ruhen lassen. «Die Zeit im Sommerlicht» von Ann-Helén Laestadius schildert das Los indigener Kinder in Skandinavien. Und Martin Suter wartet mit einem neuen Krimi auf, in dem alles so ist, wie gehabt. «Und alle so still» der österreichischen Autorin Mareike Fallwickl handelt von einem weltweiten Care-Aufstand. Sämtliche Frauen legen sich hin und tun nichts mehr, weil sie schlichtweg zu erschöpft sind. Natürlich bricht sofort Chaos aus: Niemand kümmert sich um Alte, Kinder und Kranke. Und die Männer? Sie versuchen mit Gewalt, die Frauen dazu zu zwingen, weiter zu rackern wie bisher. Ein aufwühlendes Gedanken-Experiment, findet Katja Schönherr. «Die Zeit im Sommerlicht» von Ann-Helén Laestadius bewegt André Perler. Der Roman handelt von einem kaum bekannten dunklen Kapitel in der jüngeren Geschichte Schwedens: von den Nomadenschulen. In diesen Internaten in Nordschweden wurden jahrzehntelang Kinder samischer Rentierzüchter unter Anwendung psychischer und physischer Gewalt brutal aufs Schwedisch-Sein getrimmt – mit schweren Folgen für das Leben der Betroffenen. «Allmen und Herr Weynfeldt» - so heisst die mittlerweile siebte Episode aus der Krimireihe des Schweizer Erfolgsautors Martin Suter. Im Zentrum steht erneut der chronisch blanke Detektiv Allmen. Dieses Mal ermittelt er in einem Kunstraub im Zürcher Reichenmilieu. Der neue Suter biete die gewohnte leicht verdauliche Unterhaltung, sagt Felix Münger. Wer allerdings von einem Krimi ein gewisses Tempo, überraschende Wendungen oder gar eine Prise Action erwarte, liege damit falsch. Buchhinweise: * Mareike Fallwickl. Und alle so still. 368 Seiten. Rowohlt, 2024. * Ann-Helén Laestadius. Die Zeit im Sommerlicht. Aus dem Schwedischen von Maike Barth und Dagmar Missfeldt. 475 Seiten. Hoffmann und Campe, 2024. * Martin Suter. Allmen und Her Weynfeldt. 217 Seiten. Diogenes, 2024.

Duration:00:25:20

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Von Menschen und Mäusen

4/9/2024
«Das Gras auf unserer Seite» von Stefanie de Velasco, «Klarkommen» von Ilona Hartmann und das soeben mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnete «Minihorror» von Barbi Markovic sind die Bücher am Literaturstammtisch diese Woche im BuchZeichen. Stefanie de Velascos Roman «Das Gras auf unserer Seite» handelt von drei Freundinnen. Keine von ihnen hat je einen Kinderwunsch verspürt. Was sie hingegen alle spüren, ist die Erwartungshaltung der Gesellschaft. Immer wieder müssen sie Stellung dazu beziehen, ob sie nicht endlich einmal Kinder kriegen wollen. Dann wird eine von ihnen schwanger. Ungewollt. Wird sie das Kind behalten? «Das Gras auf unserer Seite» ist ein literarisches – und zugleich sehr unterhaltsames – Beispiel dafür, wie sich Frauen permanent zum Muttersein verhalten müssen. SRF-Literaturredaktorin Katja Schönherr bringt es mit an den Stammtisch. Ein junger Mensch zieht fürs Studium in die Grossstadt und verspricht sich ein aufregendes Leben: die Jugend auskosten, Party machen, Menschen kennenlernen, viel erleben. Kaum etwas davon tritt ein. Die Erzählstimme realisiert, dass das Leben an sich doch eher langweilig ist, auch weil sie sich selbst im Weg steht. Ilona Hartmann beschreibt das Erwachsenwerden der Millennial-Generation von der Schattenseite her. Für Simon Leuthold ein treffsicher geschriebenes Buch über das jugendlich-wehleidige Lebensgefühl, dass man gerade wahnsinnig viel Wichtiges verpasst, nicht darüber hinwegkommt – und ganz sicher nicht selbst schuld daran ist. Der Tipp der Woche stammt diese Woche von Michael Luisier. Er empfiehlt «Minihorror» von Barbi Markovic. Darin geht es um Mini und Miki, die allerlei Horrorgeschichten erleben. Wie in einem Comicheft werden kurze und zum Teil reichlich abstruse Anekdoten erzählt, die davon handeln, wie zwei nette Menschen (oder vielleicht auch Mäuse, wer weiss,) versuchen, mit den Zumutungen des Alltags klarzukommen. Buchhinweise: * Stefanie de Velasco. Das Gras auf unserer Seite. 250 Seiten. Kiepenheuer & Witsch, 2024. * Ilona Hartmann. Klarkommen. 192 Seiten. park x ullstein, 2024. * Barbi Markovic. Minihorror. 186 Seiten. Residenz, 2023.

Duration:00:21:43

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Starker Bücher-Frühling

4/2/2024
Elizabeth Strout erzählt eine komplexe Familiengeschichte mit grosser Leichtigkeit. Elmore Leonard nimmt uns mit in den Wilden Westen, wo auf Kugel komm raus geballert wird. Und auf der aktuellen SRF-Bestenliste im April stehen alles Bücher, die einen guten Lesefrühling garantieren. «Am Meer» von Elizabeth Strout handelt von Lucy Barton, einer rund 70-jährigen Schriftstellerin, die mit ihrem Ex-Mann von New York City nach Maine zieht, in ein Haus am Meer, um der Pandemie zu entkommen. In der Einsamkeit blickt sie auf ihr Liebesleben zurück und sorgt sich um ihre längst erwachsenen Töchter. Elizabeth Strout gelinge es, diese komplexe Familiengeschichte in einer einzigartigen Leichtigkeit zu erzählen, meint SRF-Literaturredaktorin Jennifer Khakshouri. Warum nicht wieder einmal einen Western lesen? So wie früher? Die Gelegenheit bietet aktuell der packende Roman «Letztes Gefecht am Saber River» des US-Amerikaners Elmore Leonard. Der 1959 erschienene Roman liegt jetzt erstmals auf Deutsch vor. Die zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs spielende Geschichte habe alle Ingredienzien des klassischen Testosteron-Abenteuers im Wilden Westens. Aber nicht nur, findet Felix Münger. Gerade die Frauenfiguren und die Geschlechterrollen seien überraschend modern dargestellt. Im heutigen Kurztipp stellt Annette König die fünf Bücher vor, die auf der aktuellen SRF-Bestenliste im April stehen. Alle fünf Titel seien ausnehmend gelungene Page-Turner, die jeglichen Anflug von Frühlingsmüdigkeit mit einem Wisch hinwegfegen würden. Buchhinweise: * Elizabeth Strout. Am Meer. Aus dem Amerikanischen von Sabine Roth. 288 Seiten. Luchterhand, 2024. * Elmore Leonard. Letztes Gefecht am Saber River. Aus dem Englischen von Florian Grimm. Liebeskind, 2024. * Gaea Schoeters. Trophäe. Aus dem Niederländischen von Lisa Mensing. 256 Seiten. Zsolnay, 2024. * Iris Wolff. Lichtungen. 256 Seiten. Klett-Cotta, 2024. * Percival Everett. James. 336 Seiten. Aus dem Englischen von Nikolaus Stingl. Hanser, 2024. * Barbara Kingsolver. Demon Copperhead. Aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren. 846 Seiten. dtv, 2024. * Anne Weber. Bannmeilen. 301 Seiten. Matthes & Seitz, 2024.

Duration:00:27:12

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Der Blick zurück

3/26/2024
Der spanische Regisseur Pedro Almodóvar, die deutsche Autorin Slata Roschal und die US-amerikanische Autorin Marie Benedict schauen in ihren neuen Büchern zurück. Es geht um persönliche Erinnerungen oder gesellschaftliche Fragen, jeweils verbunden mit einer individuellen Geschichte. Schon oft wurde der spanische Regisseur Pedro Almodóvar darum gebeten, seine Autobiografie zu schreiben. Bis jetzt ging er nie darauf ein. Aber nun kommt er diesem Wunsch in Ansätzen nach. Mit zwölf Erzählungen, die Einblick geben in sein Leben, Schreiben und Filmemachen. Sie zeigen, wie sehr alle drei Bereiche miteinander verbandelt sind. Texte aus mehreren Jahrzehnten, die von seiner Assistentin Lola García archiviert wurden. Das Buch lese sich wie ein spritziger, frischer Cocktail, der als Trägersubstanz ganz schön viel Pedro Almodóvar enthalte, findet Annette König, die das Buch am Literaturstammtisch empfiehlt. Eine junge Frau in einem Hotelzimmer. Das erste Mal seit Jahren ist sie allein verreist. Sie geniesst die Ruhe, sie will nachdenken. Worüber sie nachdenkt? Über ihren anstrengenden und zugleich eintönigen Alltag als Mutter. Stimmt etwas nicht mit mir?, fragt sie sich, wo doch alle Mütter um sie herum scheinbar so glücklich sind. «Ich möchte Wein trinken und auf das Ende der Welt warten» von Slata Roschal handelt von einer Frau, die mit ihrem Leben hadert. Ein tristes Thema. Dennoch sei es ein Genuss, dieses Buch zu lesen, findet SRF-Literaturredaktorin Katja Schönherr. Die britische Biochemikerin Rosalind Franklin hat für die Wissenschaft Bedeutendes geleistet. Dank ihrem Beitrag konnte die menschliche DNA entschlüsselt werden. Die Anerkennung dafür aber bekamen Männer. In ihrem Roman «Das verborgene Genie» erzählt die US-amerikanische Autorin Marie Benedict von einer brillanten Aussenseiterin, die sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts voll und ganz der Wissenschaft verschrieb und sich dafür gegen alle möglichen Widerstände durchsetzen musste. Spannende Lektüre, die einen aber auch nachdenklich zurücklässt, findet Britta Spichiger. Buchhinweise: * Pedro Almodóvar. Der letzte Traum. Aus dem Spanischen von Angelica Ammar. 224 Seiten. Suhrkamp, 2024. * Slata Roschal. Ich möchte Wein trinken und auf das Ende der Welt warten. 170 Seiten. Claassen, 2024. * Marie Benedict. Das verborgene Genie. Aus dem Englischen von Kristin Lohmann. 352 Seiten. Kiepenheuer & Witsch, 2024.

Duration:00:26:36

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Leben in Bedrängnis

3/19/2024
Zwei Romane, die vom gesellschaftlichen Druck auf Individuen erzählen: Von unserem Umgang mit betagten Menschen handelt «Die Arbeiterin» des Franzosen Didier Eribon. Und «Nachbarn» der Afroamerikanerin Diane Oliver schildert die prekäre Lage von Schwarzen in den USA – in den 1960ern wie heute. Der Schriftsteller, Soziologe und Philosoph Didier Eribon schreibt seine Familiengeschichte weiter. «Eine Arbeiterin: Leben, Alter und Sterben» ist das Portrait seiner Mutter. Eine Mischung aus autobiografischem Schreiben und soziologischem Essay. Eribon beschreibt seine Schuldgefühle, nachdem er die Mutter gegen ihren Willen in ein Pflegeheim einwies. Wie er danach ihre nächtlichen Klagen und Telefonate aushalten musste. Von ihrer Verzweiflung und Vereinsamung hörte. Das Buch sei ebenso «gehaltvoll wie fesselnd», sagt Annette König. Schwarze in den USA, die für Emanzipation und Gleichberechtigung einstehen – davon erzählen die Erzählungen im Band «Nachbarn» der 1966 verstorbenen US-amerikanischen Autorin Diane Oliver. So schildert sie etwa einen siebenjährigen Knaben, der als erstes Schwarzes Kind auf eine Schule der Weissen muss. Mit feinen, nüchternen Beobachtungen zeige die Autorin, was Rassismus bedeute, sagt Britta Spichiger. Obwohl die Geschichten in den 1960ern spielen, seien sie noch immer aktuell. Einen Spaziergang durch die Weltliteratur – dies bietet der neue Sammelband «19/21 Synchron global» des Schweizer Literaturwissenschafters Charles Linsmayer. Das Buch versammelt 135 literarische Texte aus verschiedenen Weltregionen. Die thematisch gegliederte Auswahl ermögliche, Unbekanntes zu entdecken. Und dabei zu erfahren, wie unterschiedliche Autorinnen und Autoren zu Urthemen der Menschheit wie Freiheit, Glück oder Natur dachten, sagt Felix Münger. Buchhinweise: * Didier Eribon. Eine Arbeiterin. Leben, Alter und Sterben. Aus dem Französischen von Sonja Finck. 240 Seiten. Suhrkamp, 2024. * Diane Oliver. Nachbarn. Aus dem Englischen von Brigitt Jakobeit und Volker Oldenburg. 304 Seiten. Aufbau, 2024. * Charles Linsmayer (Hrsg.). 19/21 Synchron global, ein weltliterarisches Lesebuch von 1870 bis 2020. 652 Seiten. Th. Gut, 2024.

Duration:00:27:06

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Neue niederländische Literatur

3/12/2024
Dieses Jahr sind die Niederlande und Flandern Gastland der Leipziger Buchmesse. Auf dem Literaturstammtisch liegen deshalb neue Bücher der Autor:innen Gaea Schoeters, Lize Spit und Mathijs Deen. Hunter White geht auf Grosswildjagd nach einem der selten gewordenen Spitzmaulnashörner. Dafür hat er eine Lizenz zum Töten ersteigert. Was treibt ihn an? Die Suche nach dem Kick? Die flämische Autorin Gaea Schoeters sucht in ihrem Afrika-Roman «Trophäe» Antworten darauf. Sie beleuchtet nicht nur kritisch das Verhältnis Mensch und Natur, sondern auch die Folgen des Kolonialismus. Gaea Schoeters schreibt mit einer Sprachgewalt, die einem die Nackenhaare aufstellt, findet Annette König. Jimmy ist ein hervorragender Schüler. Und er ist einsam. Bis Tristan in sein Leben tritt. Dieser hat einen Krieg und eine Flucht nach Belgien hinter sich. Jimmy erhält die Aufgabe, Tristan durch das Schuljahr zu begleiten. Daraus entspinnt die belgische Autorin Lize Spit eine Geschichte über Freundschaft, Fantasie - und Verzweiflung. Der Roman «Der ehrliche Finder» fesselt einen von Beginn weg, sagt Lea Dora Illmer. März 1995: In einer stürmischen Nacht über der Nordsee gerät ein deutscher Schlepper in Seenot. Die ganze Mannschaft ausser dem Kapitän kann gerettet werden. Ostersonntag, 2016: An der englischen Küste finden zwei Jungen ein Skelett, daneben eine Rettungsweste des deutschen Schleppers, der vor über zehn Jahren in Seenot geraten war. Die sterblichen Überreste des Kapitäns? Kommissar Liewe Cupido übernimmt die Untersuchungen. «Der Retter» ist ein weiterer spannender Fall des sympathischen Ermittlers, findet Britta Spichiger. Buchhinweise: * Gaea Schoeters. Trophäe. Aus dem Niederländischen von Lisa Mensing. 256 Seiten. Zsolnay, 2024. * Lize Spit. Der ehrliche Finder. Aus dem Niederländischen von Helga van Beuningen. 128 Seiten. S. Fischer Verlag, 2024. * Mathijs Deen. Der Retter. Aus dem Niederländischen von Andreas Ecke. 384 Seiten. mare Verlag, 2024.

Duration:00:24:45

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Neues aus der Schweiz

3/5/2024
«Das kleine Haus am Sonnenhang» von Alex Capus und «Die hängende Säge» von Alice Schmid - dies die aktuellen Bücher am Literaturstammtisch im BuchZeichen. In seinem neuen Buch «Das kleine Haus am Sonnenhang» erzählt der Oltner Schriftsteller Alex Capus von persönlichen Erinnerungen aus seiner Zeit in Italien: Im Seitental eines Seitentals im Piemont kaufte sich Capus als junger Mann ein altes Haus und schrieb dort seinen ersten Roman. Nun nimmt er seine Leserschaft mit auf einen Nostalgietrip in die letzten Jahre des 20. Jahrhunderts. Er erzählt von alltäglichen Begebenheiten und besonderen Begegnungen. Das Buch, das Britta Spichiger am Literaturstammtisch vorstellt, ist eine Liebeserklärung an das kleine Haus am Sonnenhang, an das Schreiben - und das Leben. Alice Schmid erzählt in ihrem Roman «Die hängende Säge» die Geschichte einer jungen Frau, die nach einem traumatischen Erlebnis im Jugendsportlager kein Wort mehr sprechen kann. Erst mit einem Sprachaufenthalt in Belgien findet sie langsam zu ihrer Sprache zurück. Nach und nach wird absehbar, dass sie sich immer stärker von ihrem Familienumfeld im bäuerlichen Luzerner Hinterland abnabeln wird. Für Simon Leuthold ein einfühlsam geschriebener Coming-of-Age-Roman darüber, was es heisst, seinen eigenen Weg zu gehen. Der Buchtipp kommt diese Woche von Michael Luisier. Er empfiehlt das Bändchen «Mir fällt gerade ein... Ein Sammelsurium» mit Tagebucheinträgen des Schauspielers und Sängers Manfred Krug. Buchhinweise: * Alex Capus. Das kleine Haus am Sonnenhang. 160 Seiten. Carl Hanser Verlag, 2024. * Alice Schmid. Die hängende Säge. 176 Seiten. Atlantis Verlag, 2024. * Manfred Krug. »Mir fällt gerade ein« Ein Sammelsurium. 108 Seiten. Kanon, 2024.

Duration:00:21:59

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Was aus Freundschaft werden kann

2/27/2024
Lana Lux erzählt von Freundschaft, die zur tödlichen Obsession wird. Iris Wolff schreibt über eine, aus der Liebe wird. Und auch die Südkoreanerin Han Kang erzählt von zwei Menschen, die in einer schwierigen Lebensphase langsam zueinander finden. In der Schule ist Philipp ein Einzelgänger. Bis eines Tages Faina aus der Ukraine in seine Klasse kommt. Plötzlich hat er eine Freundin. Jahre später, als Faina schwanger, verschuldet und obdachlos vor seiner Tür steht, nimmt er sie auf. Doch der Preis, den Faina dafür zahlt, ist hoch. Zunächst gängelt Philipp sie nur, dann beschimpft er sie, dann schlägt er sie – wieder und wieder. «Geordnete Verhältnisse» von Lana Lux ist ein Buch, das einen nicht loslässt, findet SRF-Literaturredaktorin Katja Schönherr. Ein Buch über einen Menschen, der Liebe mit Besitz verwechselt. Iris Wolff erzählt in ihrem neuen Buch «Lichtungen» gewohnt poetisch von Freundschaft und Liebe zu Zeiten der Diktatur und Wende in Rumänien. Lev und Kato kennen sich seit Kindertagen. Sie sind beide Aussenseiter – Lev gehört der deutschsprachigen Minderheit, Kato kommt aus prekären Verhältnissen. Als das Ceausescu-Regime fällt, geht sie sofort in den Westen. Er bleibt – vorläufig. Was ist Herkunft? Kann man sich von seinen Prägungen lösen? Wie geht man mit Verlusten und Verletzungen um? Diese Fragen stellt sich SRF-Literaturredaktorin Franziska Hirsbrunner bei Iris Wolffs Buch, das sie zur Lektüre wärmstens empfiehlt. Im heutigen Kurztipp stellt Annette König den Roman «Griechischstunden» von Han Kang vor. Die Südkoreanerin ist seit ihrem Bestseller «Die Vegetarierin» im deutschsprachigen Raum bekannt. In ihrem neuen Buch erzählt sie uns nun die Geschichte zweier Menschen, die in einer Lebensphase zueinanderfinden, die von grossen Ängsten geprägt ist. Buchhinweise: * Lana Lux. Geordnete Verhältnisse. 290 Seiten. Hanser Berlin, 2024. * Iris Wolff. Lichtungen. 256 Seiten. Klett Cotta, 2024. * Han Kang. Griechischstunden. Aus dem Koreanischen von Ki-Hyang Lee. 204 Seiten. Aufbau, 2024.

Duration:00:26:16

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Von Venedig und staatlichem Terror

2/20/2024
Schwere Lektüre, aber grosse Literatur: Die Autorin Isabelle Autissier erzählt vom Untergang Venedigs und plädiert leidenschaftlich für unsere Umwelt. Der Schriftsteller Georgi Demidow schildert eindrücklich, was geschieht, wenn man als politischer Gefangener staatlichem Terror ausgeliefert ist. In ihrem neuen Roman «Acqua Alta» erzählt die französische Autorin Isabelle Autissier von einer gigantischen Welle, die Venedig im Jahr 2021 überschwemmt. Und dies, obwohl das Schleusensystem in der Lagune nach mehr als 17 Jahren Bauzeit und vielen Tests hätte funktionieren sollen. Die Folgen sind verheerend. Die Flut fordert viele Menschenleben. Unter den Überlebenden ist Guido Malegatti, der mit dem Boot durch die Ruinen fährt und nach Frau und Tochter sucht. Isabelle Autissier will mit ihrem fesselnden Roman aufrütteln. «Acqua Alta» sei ein leidenschaftliches Plädoyer für unsere Umwelt, findet Annette König. Ohnmächtig dem staatlichen Terror ausgeliefert – was dies für einen Betroffenen bedeutet, erzählt der sowjetische Schriftsteller Georgi Demidow in seinem Kurzroman «Fone Kwas oder Der Idiot». Der 1987 verstorbene Autor schildert darin aufgrund eigener Erfahrungen den Horror des stalinistischen Strafsystems. Das Buch ist nun erstmals auf Deutsch erschienen. Und es sei eine Entdeckung, sagt Felix Münger. Es lasse sich in Vielem auch als Kommentar auf das Leid der Zahllosen lesen, die heute als politische Häftlinge in Kerkern schmachten – in Russland und anderswo. Ganz andere und leichte Lektüre ist der heutige Kurztipp von Britta Spichiger. «Von nahen Dingen und Menschen» ist eine Sammlung kurzer Texte und Geschichten, in denen der deutsche Autor Hanns-Josef Ortheil aus seinem Alltag und von seinen Erinnerungen erzählt. Er weckt damit die eigenen Assoziationen seiner Leserschaft. Unter anderem schreibt er von der Armbanduhr seines Vaters, wie er die Mode entdeckt hat und was seinen alten Freund Peter auszeichnet. Bei der Lektüre fragt man sich unwillkürlich, was die eigenen Erinnerungsstücke sind – und welche Freundin besonders gut zuhören kann. Ein Buch, über dessen Gesellschaft man sich in (fast) jeder Lebenslage freut. Buchhinweise * Isabelle Autissier. Acqua Alta. Aus dem Französischen von Kirsten Gleinig. 208 Seiten. mare, 2024. * Georgi Demidow. Fone Kwas oder Der Idiot. Aus dem Russischen von Irina Rastorgueva und Thomas Martin. 208 Seiten. Galiani, 2023. * Hanns-Josef Ortheil. Von nahen Dingen und Menschen. 288 Seiten. DuMont, 2024.

Duration:00:28:28

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Krankheit, Krieg – und das Küssen

2/13/2024
Was ist Gesundheit? Diese Frage stellt Paula Fürstenberg in «Weltalltage». Was richtet Krieg in jungen Menschen an? Davon erzählt die wiederentdeckte Novelle «Fall, Bombe, fall» von Gerrit Kouwenaar. Und warum eigentlich küssen wir uns? Nicht nur wegen der Erotik, zeigt ein neues Sachbuch. Was bedeutet es, in einem Körper zu «wohnen», der nicht so funktioniert, wie in unserer Welt eben immer alles zu funktionieren hat? Im Roman «Weltalltage» der deutschen Autorin Paula Fürstenberg geht es um eine junge Frau, die seit ihrer Kindheit an unerklärlichen Schwindelanfällen leidet. Halt gibt ihr immerhin die Freundschaft zu Max – bis er an einer Depression erkrankt. Ist sie jetzt plötzlich die «Gesunde»? Ein kluges Buch über Freundschaft, vor allem aber den Alltag mit einer chronischen Erkrankung, findet Katja Schönherr. Mai 1940. Der siebzehnjährige Niederländer Karel Ruis verfolgt, wie die deutschen Truppen gefährlich näher rücken. Er denkt an Tod und Zerstörung und wünscht sich, dass endlich die Bomben fallen. Dann würde die Gleichförmigkeit der Tage durchbrochen. Dann folgt die Ernüchterung. Die Novelle «Fall, Bombe, fall» von Gerrit Kouwenaar ist ein Antikriegsbuch: Es erzählt von einem Teenager, dem der Krieg die Jugend stielt. Junge Menschen wie Karel Ruis gibt es auch heute leider an vielen Orten. Und deshalb sei das wiederentdeckte Werk aus dem Jahre 1950 auch heute noch aktuell, sagt Annette König. Das Küssen ist Begrüssungsritual, Ausdruck tieferer Zuneigung und sorgte – zumindest in früheren Jahren – etwa in Filmen immer wieder auch für allgemeine Empörung. Der deutsche Kommunikationswissenschafter Hektor Haarkötter unternimmt in seinem laut Felix Münger «kenntnisreichen und augenzwinkernden» Sachbuch «Küssen – eine berührende Kommunikationsart» einen Streifzug durch die Geschichte. Das Küssen, so liest man, war am Anfang oft rein zeremonieller Natur, wurde dann zwischenzeitlich erotisch hoch aufgeladen – um heute allgemein an Bedeutung zu verlieren. Leider. Buchhinweise: * Paula Fürstenberg. Weltalltage, 320 Seiten. Kiepenheuer & Witsch, 2024. * Hektor Haarkötter. Küssen. Eine berührende Kommunikationsart. 288 Seiten. S. Fischer, 2024. * Gerrit Kouwenaar. Fall, Bombe, fall. Aus dem Niederländischen von Gregor Seferens. 125 Seiten. C.H.Beck, 2024.

Duration:00:23:28

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Grosse Themen

2/6/2024
Einmal das schlimme Schicksal Schweizer Söldner in «Die rote Mütze» von Daniel de Roulet, einmal die dystopischen Vorstellungen der amerikanisch-chinesischen Schriftstellerin C Pam Zhang in «Wo Milch und Honig fliessen». Das das Angebot am Literaturstammtisch im BuchZeichen. In seinem aktuellen Buch «Die rote Mütze» schildert der Westschweizer Autor Daniel de Roulet das grässliche Los von Schweizer Söldnern in Frankreich zur Zeit der französischen Revolution. Wegen Meuterei werden sie mit Haft, Folter oder gar Hinrichtung bestraft. Verantwortlich für die Menschenschinderei war ein Vorfahre Daniel de Roulets, der nun den Opfern eine Stimme gibt und so gegen die Bluttaten seines Verwandten anschreibt. Ein überaus packender und erhellender Roman, sagt Felix Münger. Dichter Smog, der die Erde umhüllt, und eine globale Hungersnot. Dieser dystopischen Welt entflieht eine junge Köchin in eine mysteriöse Bergkolonie der italienischen Alpen. Dort gedeiht das ausgestorben Geglaubte noch in Fülle: Frische Erdbeeren, Trüffel, bengalische Tiger. Der Roman, den Lea Dora Illmer an den Literaturstammtisch bringt, ist ein sinnliches Meisterwerk, das fragt: Haben wir ein Anrecht auf Genuss in einer Welt ohne Zukunft? Auch der Buchtipp dreht sich um grosse Themen. Er beinhaltet lyrische Gegenmittel gegen Leiden wie Eifesucht, Einsamkeit oder Lebensüberdrüssigkeit. Gemeint ist «Doktor Erich Kästners lyrische Hausapotheke», die Michael Luisier anlässlich des bevorstehenden 125. Geburtstag des grossen deutschen Schriftstellers zur Wiederentdeckung empfiehlt. Buchangaben: * Daniel de Roulet. Die rote Mütze. Aus dem Französischen von Maria Hoffmann-Dartevelle. 168 Seiten. Limmat, 2024. * C Pam Zhang. Wo Milch und Honig fliessen. Aus dem Amerikanischen von Eva Regul. 272 Seiten. S. Fischer, 2024. * Erich Kästner. Doktor Erich Kästners lyrische Hausapotheke. 225 Seiten. Neuausgabe. Artium, 2021.

Duration:00:26:30

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Vielfältiger Lesestoff

1/30/2024
In «Die Entflammten» von Simone Meier geht es um die Erfolgsstory von Vincent van Gogh. In «Der Fluss und das Meer» von Natascha Wodin um das Gefühl von Fremdsein im eigenen Leben. Und in «Nicht ich» von Zeruya Shalev um eine junge Frau, die radikal aufräumt mit Rollen- und Geschlechterklischees. Vincent van Gogh ist weltberühmt. Ohne seine Schwägerin Jo van Gogh-Bonger würden man den Maler wahrscheinlich gar nicht kennen. Über diese Frau, schreibt eine junge Frau ihren ersten Roman, statt sich an ihre Abschlussarbeit in Kunstgeschichte ans Werk zu machen. In «Die Entflammten» verbindet Kulturjournalistin und Schriftstellerin Simone Meier zwei Frauen unterschiedlicher Generationen. Es ist ihr eine Mischung aus Roman und Doku-Fiktion gelungen, die äusserst unterhaltsam ist. Natascha Wodin zählt spätestens seit ihrem Erfolgsroman «Sie kam aus Mariupol» von 2017 zu den bekannten deutschen Autorinnen. Ihr aktuelles Buch ist eine Sammlung von fünf längeren Erzählungen, die gemäss Felix Münger direkt ins Herz gehen und Leserinnen und Leser durch ihre literarische Kraft in Bann ziehen. Wie in anderen Büchern drehen sich die Geschichten des Erzählbandes um Figuren, die seelische Verletzungen in sich tragen. Es geht um das Los einer ehemaligen Nachbarin, die völlig verwahrlost. Oder um die Geschichte der eigenen Mutter, die Suizid begangen hat. Oder um eine verlorene Gestalt in der geschlossenen Psychiatrie. Natascha Wodin rührt mit kristallklarer Sprache ans Innerste. Im heutigen Kurztipp stellt Annette König den Erstlingsroman «Nicht ich» von der israelischen Schriftstellerin Zeruya Shalev vor. Das Buch erschien vor dreissig Jahren und nun zum ersten Mal auf Deutsch. Es ist die radikale Innenansicht einer jungen, wütenden Frau. Sie will weder treue Ehefrau noch aufopfernde Mutter sein. Sie will ein selbstbestimmtes Leben. Buchhinweise: * Simone Meier. Die Entflammten. 272 Seiten. Kein & Aber, 2024. * Natascha Wodin. Der Fluss und das Meer. Erzählungen. 192 Seiten. Rowohlt, 2023. * Zeruya Shalev. Nicht ich. Aus dem Hebräischen von Anne Birkenhauer. 208 Seiten. Berlin Verlag, 2024.

Duration:00:26:47

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Von Empathie und Einsamkeit

1/23/2024
Beide Bücher auf dem heutigen Literaturstammtisch kommen aus Österreich. Monika Helfer erzählt in «Die Jungfrau» von einer intensiven Frauenfreundschaft und vom Umgang mit der Einsamkeit. David Fuchs stellt in seinem aktuellen Buch «Zwischen Mauern» die Frage, ob es bedingungslose Empathie gibt. Zwei Jugendfreundinnen begegnen sich nach einem halben Jahrhundert wieder. Gloria und Monika. Die eine hat Familie und Erfolg als Schriftstellerin, die andere lebt einsam in ihrer riesigen Villa. Monika beschliesst, über Gloria zu schreiben. Das Resultat ist ein schonungsloses, aber liebevolles Portrait einer Frauenfreundschaft – von den sechziger Jahren bis heute. Lea-Dora Illmer stellt Monika Helfers neues Buch «Die Jungfrau» vor. Im Roman «Zwischen Mauern» ist Meta auf der Suche nach Sinn. Als ehrenamtliche Mitarbeiterin verschlägt es sie in ein Pflegeheim, das kaputtgespart wurde und vor der Schliessung steht. Meta wird dort Nachtwache halten – und zwar am Bett eines sterbenden Mannes, der zu schreien beginnt, sobald es dunkel wird. Als Meta mehr von der Geschichte dieses Mannes erfährt, steht sie vor der Frage: Verdienen auch böse Menschen in ihren letzten Tagen liebevolle Zuwendung? Katja Schönherr bringt das Buch an den Literaturstammtisch. Im heutigen Kurztipp empfiehlt Britta Spichiger den neuen Roman der US-Autorin Jeannette Walls, «Vom Himmel die Sterne». Walls erzählt darin die fiktive Geschichte von Sally Kincaid. Eine unerschrockene, starke Frau, die in den 1920-er Jahren erkennt, dass ihre Familie nur überlebt, wenn sie mit illegal selbstgebranntem Whisky handelt. Und so stellt sie – allen gesellschaftlichen Widerständen zum Trotz – ihre eigenen Regeln auf und wird zur «Königin der Kincaid-Schmuggler». Buchhinweise: * David Fuchs. Zwischen Mauern. 223 Seiten. Haymon, 2023. * Monika Helfer. Die Jungfrau. 152 Seiten. Carl Hanser, 2023. * Jeannette Walls. Vom Himmel die Sterne. Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. 448 Seiten. Hoffmann und Campe, 2023.

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Murakami, Tesson, Stermann

1/16/2024
«Die Stadt und ihre ungewisse Mauern» von Haruki Murakami, «Weiss» von Sylvain Tesson und «Mir geht es gut, wenn nicht heute, dann morgen» von Dirk Stermann – dies die drei aktuellen Bücher am SRF1 Literaturstammtisch. Haruki Murakamis neuer Roman «Die Stadt und ihre ungewisse Mauern» spielt in zwei Welten: in einer geheimnisvoll-magischen sowie in einer realen Kleinstadt. In der magischen Welt ist vieles anders als in der realen. Die Menschen haben keine Schatten, die Uhren keine Zeiger, und immer wieder trifft man auf Einhörner, die sterben, wenn es schneit. Ein namenloser Erzähler folgt seiner Jugendliebe an diesen merkwürdigen Ort, um später wieder in die reale Welt zurückzukommen. Jennifer Khakshouri, die das Buch auch für den Literaturclub gelesen hat, lobt Murakamis Sprache, zieht sonst aber eine durchzogene Bilanz. Der französische Reiseschriftsteller Sylvain Tesson hat für sein Nature Writing schon bedeutende Preise erhalten, u.a. den Prix Renaudot für «Der Schneeleopard». In seinem neuen Reisebericht «Weiss» schildert Sylvain Tesson die Geschichte einer Alpenüberquerung von Menton nach Triest, über Italien, die Schweiz, Österreich und Slowenien. Eine 1.600 Kilometer lange Expedition zwischen Himmel und Erde. Und ein Buch wie eine Meditation, findet Annette König. Der Buchtipp der Woche schliesslich stammt von Michael Luisier. Er empfiehlt den Roman über die österreichisch-amerikanische Psychoanalytikerin Erika Freeman «Mir gehts gut, wenn nicht heute, dann morgen» des Schriftstellers und Fernsehkomikers (Willkommen Österreich) Dirk Stermann. Buchhinweise: * Haruki Murakami. Die Stadt und ihre ungewisse Mauer. Aus dem Japanischen von Ursula Gräfe. 640 Seiten. Dumont, 2024. * Sylvain Tesson. Weiss. Aus dem Französischen von Nicola Denis. 256 Seiten. Rowohlt, 2023. * Dirk Stermann. Mir geht es gut, wenn nicht heute, dann morgen. 255 Seiten. Rowohlt, 2023.

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Wenn das Leben schwer wiegt

1/9/2024
Tijan Sila erzählt von seinen Kriegserinnerungen in Sarajevo, die ihn als Kind geprägt haben. David Bielmann schildert wie seine Grossmutter von ihrer Familie weggenommen wurde. Und Cho Nam-Joo berichtet über eine junge Südkoreanerin, die unter starren gesellschaftlichen Konventionen heranwächst. Der deutsche Autor Tijan Sila wurde 1981 in Sarajevo geboren. Als er 11 Jahre alt war, erlebte er, wie seine Stadt während des Bosnienkriegs eingekesselt wurde. Drei Jahrzehnte später erinnert er sich in seinem autobiografischen Werk «Radio Sarajevo» an das Grauen der Blockade, die knapp vier Jahre dauerte. Für Felix Münger überzeugt das Buch durch seine «radikale Subjektivität»: Tijan Sila schildert durch die Augen des damaligen Kindes, was der permanente Beschuss, der Hunger, die Kälte und die Allgegenwart des Todes in der eingeschlossenen Stadt bedeutete – und dass er damals aufhörte zu weinen. Der Freiburger Autor David Bielmann erzählt im historischen Roman «Angelina. Verlorene Familie» die Geschichte seiner Grossmutter und ihrer Vorfahren und damit ein dunkles Kapitel der Schweizer Geschichte. Bielmanns Grossmutter, Angelina, war eines der über 600 Opfer des Hilfswerks «Kinder der Landstrasse» von Pro Juventute (1926-1973): Sie wurde von ihrer als «Vaganten» verrufenen Familie in Graubünden weggenommen und erlebte in der Folge eine schlimme Odyssee durch Kinderheime und Besserungsanstalten. In eindrücklichen Schlaglichtern schildert Bielmann die Geschichte einer Familie, die von Staat und Gesellschaft immer wieder zutiefst unmenschlich behandelt wurde. Das hat André Perler beeindruckt. Er bringt das Buch an den Literaturstammtisch mit. Im heutigen Kurztipp stellt Annette König den Roman «Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah» von Cho Nam-Joo vor. Die Südkoreanerin wurde im deutschsprachigen Raum mit ihrem Weltbestseller «Kim Jiyoung, geboren 1982» bekannt. In ihrem neuen Roman erzählt sie von einem Frauenleben in Südkorea, das geprägt ist von Armut und der Scham, mit 30 noch unverheiratet zu sein. Buchhinweise: * Tijan Sila. Radio Sarajevo. 175 Seiten. Hanser Berlin, 2023. * David Bielmann. Angelina. Verlorene Familie. 242 Seiten. Zytglogge, 2023. * Cho Nam-Joo. Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah. Aus dem Koreanischen von Jan Henrik Dirks. 288 Seiten. Kiepenheuer & Witsch, 2024.

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Neues Glück in der Fremde?

1/2/2024
Seit 15 Jahren erzählen Auslandschweizerinnen und -schweizer in der Rubrik «Die fünfte Schweiz» am Sonntagvormittag auf SRF 1 aus ihrem Alltag. Aus diesem Anlass liegen auf dem Literaturstammtisch Bücher über Auswandererschicksale - Werke von Therese Bichsel, Pedro Lenz und Gabrielle Alioth. 1821 wanderten rund 170 Menschen aus Bern und Neuenburg nach Kanada in die Gegend des heutigen Winnipeg aus. Ein verschuldeter Berner Patrizier hatte sie mit grossen Versprechungen angeworben. Doch statt eines besseren Lebens erwartete sie am Roten Fluss bittere Not. Diese wahre Geschichte erzählt die Schweizer Autorin Therese Bichsel in ihrem Roman «Überleben am Red River». Franziska Hirsbrunner gefällt unter anderem der Reichtum an packenden Details, mit dem das Werk aufwartet. Der Schweizer Pedro Lenz hat mit «I bi meh aus eine» im Berner Dialekt die wundersame, aber wahre Geschichte des Hochstaplers Peter Wingeier aus dem Emmental aufgeschrieben. Der Schweizer wanderte im 19. Jahrhundert nach Argentinien aus, nahm eine falsche Identität als Arzt an und gründete sein eigenes Dorf «Romang». Wingeier sei zwar nicht sympathisch, findet Markus Gasser. Doch Pedro Lenz zeichne seine Figur dennoch als «liebe Siech» - und erweise sich dadurch einmal mehr als «unverbesserlicher Menschenfreund». Dass die Schweiz lange Zeit ein Auswanderungsland war, geht gerne vergessen. Die Schweizer Autorin Gabrielle Alioth, die selbst seit 1984 in Irland lebt, erzählt in ihrem Sachbuch «Ausgewandert» Geschichten von Menschen aus sieben Jahrhunderten, welche die Schweiz verliessen und im Ausland das Glück suchten. Felix Münger ist beeindruckt von der Unterschiedlichkeit der Schicksale: Die einen trieb die Leidenschaft in die Fremde, andere die pure wirtschaftliche Not. Und dann gab es Menschen, die glaubten, in der Fremde das Paradies zu finden. Buchhinweise: * Gabrielle Alioth. Ausgewandert. Schweizer Auswanderer aus 7 Jahrhunderten. 193 Seiten. Faro, 2014. * Therese Bichsel. Überleben am Red River, 361 Seiten. Zytglogge, 2018. * Pedro Lenz. I bi meh aus eine. 75 Seiten. Cosmos, 2013.

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Aktuelle Buchempfehlungen: Prosaische Passionen - Kleine Probleme

12/26/2023
Kurz vor Silvester liegen auf dem Literaturstammtisch zwei Bücher, die gute Begleiter sind für die Zeit zwischen den Jahren: eine inspirierende Geschichtensammlung von Autorinnen aus aller Welt und ein amüsanter Roman über «Aufschieberitis». Hundertundeine Geschichte von hundertundeiner Frau. Das bietet der Sammelband «Prosaische Passionen» des Manesse-Verlags, herausgegeben von Sandra Kegel. Darin wird zum ersten Mal die ganze weibliche Seite der klassischen Moderne präsentiert. Neben Stars wie Katherine Mansfield oder Virginia Woolf sind auch viele neu- und wiederzuentdeckende grossartige Autorinnen aus der ganzen Welt vertreten. Ein enorm wichtiges Werk auch für die Literatur selbst, die nun endlich in einer ihrer innovativsten Phasen eine weibliche Seite bekommt, findet Michael Luisier. Er richtet diese Anthologie gerade für den Vorlesetag am 2. Januar 2024 auf SRF2 Kultur ein. 31. Dezember. Lars, ein 49-jähriger Grübler, will bis zum Jahreswechsel noch allerhand schaffen: Steuererklärung, Wohnung putzen, das neue Bett für die Tochter zusammenschrauben, die Regenrinne leeren, den Vater anrufen und, ja, das eigene Lebenswerk schreiben Natürlich ist dieses Unterfangen aussichtslos. Aber Lars lesend dabei zuzuschauen, wie er versucht, in wenigen Stunden doch noch alles hinzukriegen – das ist hochamüsant. Literaturredaktorin Katja Schönherr ist begeistert von Nele Pollatscheks Buch «Kleine Probleme». Unterhaltung mit Tiefgang! Im heutigen Kurztipp stellt Britta Spichiger die Graphic Novel «Sofies Welt» vor. Mit dem gleichnamigen Titel landete der norwegische Autor Jostein Gaarder vor 30 Jahren einen Weltbestseller. Die beiden Illustratoren Vincent Zabus und Nicoby haben die Geschichte nun in die Gegenwart geführt: aus der braven Sofie von einst, die die grossen Philosoph:innen trifft, ist eine kritische geworden, die mit grossen Denker:innen Themen wie Rassismus, Feminismus oder Klimawandel diskutiert. Eine moderne, gelungene, humorvolle und engagierte Version des Originals – empfehlenswert zum Austausch zwischen den Generationen. Buchhinweise: * Sandra Kegel (Hrsg.). Prosaische Passionen. Die weibliche Moderne in 101 Short Storys. 928 Seiten. Manesse 2022. * Nele Pollatschek. Kleine Probleme. 208 Seiten. Galiani Berlin 2023. * Nicoby und Vincent Zabus, nach einem Roman vo Jostein Gaarder. Sofies Welt. Übersetzt von Ina Kronenberger, Hanser 2023.

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Aktuelle Bücherempfehlungen: Für unter den Weihnachtsbaum

12/19/2023
Die Dänin Stine Pilgaard erzählt beglückend von vier Generationen, die unter einem Dach leben. Der Deutsche Deniz Utlu begibt sich in seinem neuen Roman auf eine liebevolle Vatersuche. Und der Mexikaner Jorge Zepeda Patterson schreibt über die Tour de France, die eine düstere Wendung nimmt. Ein Genossenschaftshaus in Aarhus, vier Generationen unter einem Dach. Dort bezieht eine junge Frau, die Lieder dichtet und Horoskope schreibt, mit ihrem Partner die erste gemeinsame Wohnung. Allmählich öffnet die Nachbarschaft der Neuzugezogenen ihre Türen. Die Menschen erzählen ihr ihre (Liebes)Leben. «Lieder aller Lebenslagen» von Stine Pilgaard ist ein beglückendes Buch. Fast wie ein Adventskalender findet Lea Dora Illmer. Sie empfiehlt das Buch am Literaturstammtisch. «Vaters Meer» erzählt aus der Sicht von Yunus, der in Hannover als Sohn türkischstämmiger Eltern aufwuchs. Eine Spurensuche nach seinem Vater, der nach zwei Schlaganfällen und anschliessender Lähmung in Yunus Jugend verstorben ist. Ein beeindruckendes Buch über Herkunft und das Erzählen, findet Simon Leuthold. Im heutigen Kurztipp stellt Annette König den Thriller «Das Schwarze Trikot» vom Mexikaner Jorge Zepeda Patterson vor. Darin geht es um die Tour de France und einen Mörder, der die Radfahrprofis auf Touren bringt. Buchhinweise: * Stine Pilgaard. Lieder aller Lebenslagen. Aus dem Dänischen von Hannes Langendörfer. 208 Seiten. Kanon, 2023. * Deniz Utlu. Vaters Meer. 384 Seiten. Suhrkamp, 2023. * Jorge Zepeda Patterson. Das Schwarze Trikot. 416 Seiten. Aus dem Spanischen von Carsten Regling. Elster, 2023.

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